Fusion von vier Vereinen: „Das ganze Paket muss am Ende passen“

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Die Gespräche über eine mögliche Fusion vertieft: Das haben die Vereinsvorsitzenden Mike Wieck (FC Dietzenbach, von links), Urs Schäfer (IGSF), Gisela Kieß (SG Dietzenbach), Bernd Fenchel (SC Steinberg) und Roland Henneberg (TG Dietzenbach) in den vergangenen Monaten. © Foto: ron

In der Freitags-Ausgabe der Offenbach Post vom 18.10.2019 wird über die Fusion von vier Vereinen berichtet:

Es ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen zu meistern ist. Die Gespräche von SC Steinberg, TG, SG und FC Dietzenbach über eine Fusion laufen bereits seit mehr als einem Jahr.
Dietzenbach – Doch ob und wann es einen Großverein geben wird, ist noch nicht absehbar. Zwar sind die Pläne intensiviert worden, doch letztendlich entscheiden die Mitglieder der vier Klubs, ob es zu einer Verschmelzung kommt. Eine Deadline gebe es nicht, versichert der SC-Steinberg-Vorsitzende Bernd Fenchel. Man wolle den Weg Schritt für Schritt gehen, da sind sich die vier Vereinsvorsitzenden einig.

„Aus vier mach eins“, also aus SC Steinberg, TG, SG und FC Dietzenbach mach SC Dietzenbach. So lautet der Arbeitstitel für den möglichen Großverein, unter dem neben Kieß und Fenchel auch die Vorsitzenden der TG, Roland Henneberg, des FC, Mike Wieck, und der Interessensgemeinschaft der Sport- und Freizeitvereine (IGSF), Urs Schäfer, die Gespräche in den vergangenen Monaten intensiviert haben. Ein Großverein, da sind sich alle vier Vereinsvorsitzenden und die IGSF einig, böte viele Vorteile. Etwa ein größeres Potenzial für Randsportarten, mehr Spielraum für Talentförderung und vor allem ein professionelleres Drumherum, sagt Schäfer. Jedenfalls sei man in den ersten Sondierungsgesprächen schnell auf einen Nenner gekommen, berichtet er weiter. Die wichtigste Nachricht für die Sportler sei jedoch: „Fürs normale Mitglied verändert sich wenig.“

Bislang haben sich die Vereinsvorsitzenden zunächst ein Stimmungsbild innerhalb der Haupt- und Gesamtvorstände eingeholt. FC, SG und TG haben sich von ihren Mitgliederversammlungen den Auftrag zur Vertiefung und Intensivierung der Fusionsgespräche erteilen lassen. Anschließend hat man in zwei Arbeitsgruppen eine mögliche Fusion vorbereitet sowie Vertragsprüfungen und Ist-Aufnahmen unternommen. Ein Stuttgarter Anwalt, der schon mehrere Vereinsfusionen im Kreis Offenbach und in Deutschland begleitet hat, stand beratend zur Seite, berichtet Henneberg. Ein Verschmelzungsvertrag müsse allerdings noch verfasst und in allen vier Vereinen abgestimmt werden, ergänzt der TG-Vorsitzende.

Bei einer Tagung im Capitol am 23. Oktober werden die Abteilungsvorstände über den Status quo informiert. Dabei sein werden auch Bürgermeister Jürgen Rogg und Marcel Subtil, der Leiter der Sport-, Kultur- und Ehrenamtsförderung des Kreises Offenbach. Der Kreis und die Stadt Dietzenbach seien von Anfang an in die Pläne miteingebunden gewesen und „haben uns dabei unterstützt“, sagt Schäfer. „Wir wollen an dem Abend Rückmeldungen, Fragen und Probleme klären.“ Was bei den Gesprächen herauskommt, gibt das Tempo vor.

Allerdings mache eine Fusion nur mit allen vier Vereinen Sinn, sagt Henneberg. Das heißt, stemmen sich in einem Klub die Mitglieder, die schließlich das letzte Wort haben, gegen eine Verschmelzung, ist der Großverein Geschichte, bevor er gegründet wurde.

Für die Vorsitzenden bedeutet das, sie müssen viel Überzeugungsarbeit leisten und vor allem bei den Älteren die alten Rivalitäten aus dem Kopf bekommen. „Die Mitglieder dürfen nicht das Gefühl haben, dass eine Fusion von oben herab bestimmt wird, sie sollen mitarbeiten und mitdenken“, betont Kieß und verspricht: „Alle Vereinsstätten wollen wir aufrecht erhalten.“ Das ganze Paket müsse am Ende passen, sagt Fenchel. „Jeder hat seine persönliche Heimat, wir wollen alle Mitglieder mitnehmen und überzeugen“, versichert Henneberg. „Wir müssen uns neu und zeitgemäß für die Zukunft aufstellen und gleichzeitig die Geschichte bewahren“, fordert er.

18 Sparten haben der SC Steinberg (rund 1450 Mitglieder), die SG (rund 1000 Mitglieder), die TG (rund 570 Mitglieder) und der FC (470 Mitglieder) zusammen. Verschmelzen würden vor allem die mitgliederstärksten – Turnen, Fußball und Tennis.

„In einem Großverein kann man viele Probleme einfacher lösen“, sagt Schäfer. Damit meint er vor allem den Rückgang an Ehrenamtlern, die sich um das Drumherum kümmern. Es fehlen Menschen zwischen 40 und 60 Jahren – in den Sparten, in den Abteilungen und im Hauptvorstand. „Die passive Mitgliedschaft gibt’s fast nicht mehr, früher haben sich daraus die Vorstände gebildet“, sagt Schäfer. „Die Eltern bringen sich nicht mehr so ein wie früher“, stellt der FC-Vorsitzende Mike Wieck fest. „Sportlich könnten wir wohl alleine besser leben als mit einer Fusion.“ Doch das ganze Drumherum sei ohne Ehrenamtliche schwer zu meistern. Im Vorstand werde man mit vielen Dingen konfrontiert – etwa neuen Datenschutzbestimmungen oder Steuererklärungen – das könne professioneller gemacht werden, findet Wieck. „Das wächst einem über den Kopf. Die Arbeit als Schatzmeister ist nebenberuflich kaum mehr zu stemmen.“ Die Masse der Mitglieder sehe das Gros der Arbeit des Hauptvorstandes nicht, sagt Schäfer. Daher müsse es Ziel eines Großvereins sein, „dass wir einen Hauptamtlichen haben, der sich kümmert“, betont Kieß. Der Vorteil einer professionellen Vereinsführung sei auch, dass man sich intensiver um Zuschüsse oder Bewerbungen für Sportpreise kümmern könne. „Wir brauchen einen Geschäftsführer, eine Buchhaltung und eine Geschäftsstelle“, sagt Schäfer. Fenchel möchte zudem, dass „die Arbeitsplätze, die wir haben, erhalten bleiben“. Eine Fusion müsse einen Nutzen für den Sport und die Gesellschaft haben, sagt er. „Wenn ein großer Verein wächst, wird er auch attraktiv für andere Vereine.“ Daran ist auch bereits gedacht: „Die geplante Satzung sei so gestaltet, dass andere Vereine – auch kulturelle – dazukommen können“, erläutert Kieß. Bei einer Verschmelzung fließt alles – von Immobilien bis Schulden – in den neuen Verein. Wobei keiner der vier Klubs Verbindlichkeiten angehäuft hat.

Für die Mitglieder habe ein gemeinsamer Verein auch den Vorteil eines einzigen Beitrags für ein breiteres Angebot: „Das ist ein großer Vorteil für die Nutzer“, findet Henneberg. Ziel des Großvereins sei es auch, „Kinder, die mit zwölf Jahren mit dem Turnen aufhören, auf andere Sportarten zu heben“, sagt Kieß. Fenchel findet: „Die Chance, dass ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht, ist groß. Ein starker Verein kann mehr Basis bieten als die einzelnen.“

Wann es zur Verschmelzung kommt, ist noch ungewiss. „2020 wird es keine geben, dafür sind wir nicht weit genug.“ Zudem müsse eine Fusion innerhalb von sechs Monaten nach dem Jahresabschluss, also spätestens im zweiten Quartal eines Jahres, stattfinden, erläutert Schäfer.
VON RONNY PAUL